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Ralf Waldegger - Kämpfernatur

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Mit Durchhaltevermögen und Blick nach vorne zu einem selbstbestimmten Leben

 

„Es gibt im Leben viele Entscheidungen, die man treffen muss – die einem mehr oder weniger Mut abverlangen“, sagt Ralf Waldegger. Der Trafikant aus Telfs weiß, wovon er spricht, denn er musste sich vor mehr als 25 Jahren mehrfach solchen Fragen stellen.

Damals war es seine große Leidenschaft, mit dem Hängegleiter lautlos über die Gipfel der Alpen zu gleiten. Doch diese Leidenschaft wurde ihm zum Verhängnis. Im Alter von 25 Jahren verunglückte er schwer. Sein Sohn Stefan war erst neun Monate alt. Waldegger überlebte, doch ein Bruch in der Halswirbelsäule stellte ihn vor eine schwere Entscheidung. Sollte er eine Operation riskieren oder nicht? Er entschied sich dagegen und für das Strecken der Halswirbelsäule mittels eines Fixateurs. Die Hoffnung, dass der Bruch korrekt verheilt und belastbar sein würde, gab ihm Kraft. Doch er blieb vom 6. Halswirbel abwärts komplett querschnittgelähmt.

 

Wie soll es weitergehen?

„Ich hatte zu Beginn große Hemmungen davor, meinen Körper bzw. meine Einschränkungen offen zu zeigen“, erinnert er sich an diese herausfordernde Zeit. Dazu kam die existenzielle Unsicherheit denn seinen Beruf als Vermessungstechniker konnte er von einem Tag auf den anderen nicht mehr ausüben. Wenn er heute an diese Zeit zurückdenkt, überwältigen ihn die Emotionen. „Job weg, Wohnung weg, ein kleines Baby und querschnittgelähmt. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie es weitergehen soll“, fasst er die Konsequenzen seines Unfalls zusammen. Aber er gab nicht auf. Seinen Mut, nach vorne zu schauen, gab ihm vor allem seine Frau Manuela, erzählt Waldegger. „Sie hat akzeptiert, was passiert ist, das Schicksal nicht bedauert, sondern für unsere gemeinsame Zukunft gekämpft. Von Beginn an hat sie mich unterstützt und motiviert, weiterzumachen.“

 

Couragierter Neuanfang

Heute ist er erfolgreicher Unternehmer – das erforderte Durchhaltevermögen. Als er im Rehabilitationszentrum Bad Häring erfuhr, dass er sich als Mensch mit Behinderungen bei einer Ausschreibung der MVG bewerben konnte, ergriff er die Chance – wohlwissend, dass es ein langer Weg werden würde. Erst im zweiten Anlauf erhielt er den Zuschlag für seine Trafik. Fast 20 Jahre später ist er überzeugt: „Das Führen eines Tabakfachgeschäfts ist nicht nur ein besonderes Privileg, sondern auch eine wertvolle Möglichkeit für Menschen mit Behinderungen, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.“

 

Eine intensive Erfahrung

Einzigartig war auch die Einladung der MVG Ende 2024. Anlässlich des 240. Geburtstages des Tabakmonopols organisierte sie für Waldegger eine Robotiktherapie im Wiener Therapiezentrum tech2people. Dort konnte er mithilfe eines Exoskeletts – einem mechanischen Gerüst, das den Körper stützt – das erste Mal seit 26 Jahren wieder stehen und ein paar Schritte gehen. Eine tief bewegende Erfahrung für den Tiroler. Euphorisch schildert er: „Bei meinen ersten Schritten im Exoskelett war ich anfangs noch etwas unsicher, aber das Gefühl der Freiheit und der neuen Perspektive auf die Umgebung hat ganz schnell Glücksgefühle ausgelöst.“ Diese Erfahrung möchte Waldegger unbedingt wieder erleben. Er hofft, „dass diese Therapie auch bald in Tirol verfügbar sein wird“.

 

Liebe zu Sport und Natur

Die Therapie in Wien forderte ihn körperlich, war aber letztlich auch aufgrund seiner allgemeinen Fitness möglich. Denn Waldeggers Begeisterung für Sport und die Liebe zur Natur sind ungebrochen. Im Sommer erkundet er die Tiroler Berge mit dem Handbike, im Winter fährt er Monoski.

Für ihn ist das der perfekte Ausgleich zur Arbeit: „Raus in die Natur, den Kopf frei bekommen – dann läuft der Schmäh am Montag in der Trafik wieder wie von selbst“, sagt er mit einem Schmunzeln. Wie sehr das zutrifft, merkt man, wenn man in Waldeggers Tabakfachgeschäft in Telfs kommt.

Hier trifft man auf fröhliche Gesichter und auf eine familiäre Atmosphäre, Mitarbeitende und Kundschaft fühlen sich wohl. Waldegger freut sich mit den Menschen mit, wenn sie in der Lotterie gewinnen, oder erleichtert ihnen durch ein SMS-Service, das über Bestellungen informiert, den Alltag. Er ist zufrieden: „Ich liebe meinen Job als Trafikant, weil ich täglich mit Menschen in Kontakt komme und Teil der Gemeinschaft bin. Die persönliche Verbindung zu meinen Kunden und die Abwechslung machen die Arbeit für mich besonders erfüllend.“



Veröffentlichung nur nach Rücksprache.
Bild und Text ©MVG 2025

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