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Wilhelm Schedlberger - Harmoniestifter

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Familie, Musik und Geselligkeit – Geheimrezepte für ein erfolgreiches (Berufs-)Leben.

 

Wilhelm Schedlberger ist begeisterter Musiker. Seit seinem achten Lebensjahr spielt der gesellige Oberösterreicher Querflöte und ist bis heute Mitglied in einer kleinen traditionellen Musikgruppe. Seine große Leidenschaft gilt der Stadtkapelle Steyr. „Ich bin wahrscheinlich der einzige Blinde, der in Österreich in einem normalen Blasorchester mitspielt – vielleicht sogar weltweit“, sagt Schedlberger ein wenig verschmitzt. Das Besondere an seiner Kapelle sei die musikalische Vielfalt. Mit den insgesamt rund 50 weiteren Mitgliedern des Orchesters werden auch rockige und poppige Klänge angespielt.

Die Frage, ob er ein absolutes Gehör habe, kann er nicht mehr hören. Nur weil er blind sei, heiße das nicht, dass er jeden Ton sofort erkenne. Vielmehr steckt hinter seiner Leidenschaft auch sehr viel Zeit des Übens. Um im Orchester mitwirken zu können, spielt ihm eine Kollegin die jeweiligen Stücke samt Kommentar zu einzelnen Takten vor. Der Flötist lernt auf diese Art dann jedes Stück auswendig. Im Durchschnitt sind das jedes Mal bis zu 600 Takte. Besonders in Erinnerung ist ihm Die Krone der Schöpfung von Udo Jürgens – ein 18-minütiges Werk mit 800 Takten.

 

Seit 40 Jahren ein Familienbetrieb

Dass Schedlberger blind ist, bemerken nur die wenigsten Menschen. Er führt das auch darauf zurück, dass er 14 Jahre seines Lebens sehend war. Grund für seine Erblindung ist eine Netzhautablösung. „Ich sage deshalb auch heute noch, ich schaue mir Dinge an“, erklärt er. Denn Bilder bekommt er genauso mit wie Sehende, er spürt die Atmosphäre, die von ihnen ausgeht. Durch seine frühere Sehfähigkeit kann er sich Objekte noch immer gut vorstellen. Das hilft ihm dabei, stets die Übersicht zu bewahren. Und das auch in seinem beruflichen Alltag. Er ist nämlich bereits sein ganzes Berufsleben lang Trafikant. Seine Mutter entschied sich vor knapp 40 Jahren, eine Trafik zu übernehmen. Später übernahm der Sohn den Familienbetrieb.

 

Rückhalt und Kraft

Schedlberger führt das Unternehmen von Beginn an mit Herz und Seele. Mit Ehefrau Gerda arbeitet seine engste Vertraute an vorderster Front in der Trafik mit. Seit 2005 ist das Paar verheiratet. Was ihnen in stressigen Zeiten Rückhalt gibt? „Die Familie“, erklären sie unisono. Ihre beiden Töchter, Doris und Karin, sowie Enkerl Jonas sind der ganze Stolz der sympathischen Oberösterreicher.

Weil es ohne Zusammenhalt nicht geht, führt Schedlberger auch das Team in der Trafik freundschaftlich familiär. Neben Gerda arbeiten vier weitere Mitarbeiterinnen in der Trafik am Taborknoten in Steyr. Der lockere Umgang und die gute Stimmung im Miteinander wirken sich auch positiv auf die Beziehung zur Kundschaft aus. „Wir haben Stammkunden, die schon seit knapp 40 Jahren kommen“, erzählt der Trafikant. „Wir haben hier viel Spaß, das ist nicht gekünstelt.“

Perspektive mit System

Beruflich wie privat hat er den Nachteil seiner Blindheit zu seinem Vorteil gewandelt. Seine Frau bestätigt: „Wir haben eine moderne, sehr aufgeräumte Trafik, weil Wilhelm jeden Millimeter ausgemessen hat.“ Diese Präzision ist entscheidend, damit er alle Artikel in der Trafik finden kann. Auf den 32 Quadratmetern seines Geschäftslokals finden sich immerhin knapp 3.500 verschiedene Produkte. „Das braucht Logistik“, erklärt er. Um sein System auch mit der Buchhaltung gut vereinbaren zu können, hat er mit der steigenden Technologisierung eigens eine Software in Auftrag gegeben, die ihm erlaubt, seine Buchhaltung mit einem sprechenden Programm zu erledigen. In der Bedienung nutzt Schedlberger eigene Tastenkombinationen auf der Tastatur. Für ihn steht fest: „Ohne den sprechenden Computer wären die vergangenen 20 Jahre gar nicht möglich gewesen, weil es eine ständige Veränderung der Systeme gab.“ Das ursprünglich für ihn entwickelte Programm steht mittlerweile auch anderen Anwendern zur Verfügung. Schedlberger zeigt sich erfreut darüber, dass er auch anderen helfen kann, Barrieren zu überwinden.

 

Ein positiv eingestellter Mensch

Grundsätzlich entstehen Barrieren für ihn und seine Frau meist ohnehin durch Außenstehende. Das Paar lässt sich davon aber nicht die Lebensfreude nehmen. „Ich bin ein sehr positiv eingestellter Mensch“, sagt Schedlberger über sich selbst. Um zufrieden zu sein, braucht er deshalb nicht viel: seine Familie, die Musik – und: „Einen Ausflug nach Wien oder in die Wachau für ein Glaserl Wein beim Heurigen.“



Veröffentlichung nur nach Rücksprache.
Bild und Text ©MVG 2025

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