Gabriele Schmidt - Verantwortung
29.05.2025
Eine zweite Chance, um Verantwortung für sich und die Gesellschaft zu übernehmen
Ihr Tabakfachgeschäft in Wien-Penzing ist gut frequentiert. In der Auslage steht eine Porzellanballerina. „Die erinnert mich an meine Enkelin Chantal“, grinst Trafikantin Gabriele Schmidt. Überhaupt stehen die beiden Enkelkinder bei der Mittfünfzigerin an erster Stelle – erst recht, seitdem ihr das Leben eine zweite Chance gegeben hat.
Dass die energische Frau heute selbstständige Unternehmerin ist, ist nicht selbstverständlich. Früher war sie Mitglied der Geschäftsführung in einem großen Konzern, hat schnelle Autos und das Motorradfahren geliebt. Doch plötzlich jagte ein Schicksalsschlag den nächsten. 2016 wurde ein Traumurlaub auf Sardinien zum Albtraum, als ein entgegenkommender LKW mit ihrem Motorrad kollidierte und sie schwer verletzte. 2017 dann der nächste Schock: ein lebensbedrohlicher Herzinfarkt. Doch Schmidt nahm dreieinhalb Jahre in Kliniken und Rehabilitationszentren auf sich und kämpfte sich zurück.
Ein langgehegter Wunsch
Als Folge wurde bei ihr eine 50-prozentige Invalidität festgestellt. Für die Pension war sie damals aber zu jung. Also begann sie, sich über freiwerdende Trafikstandorte zu informieren. Der Gedanke, einmal selbst Trafikantin zu sein, begleitet die Wienerin eigentlich schon sehr lange. Früher, als ihre Tochter noch klein war, kam sie bei Spaziergängen mit Kind und Hunden öfter bei der Trafik am Wilhelminenberg vorbei und malte sich aus, wie es wohl wäre, selbst den Betrieb zu führen.
Damals war das Trafikantenwesen für sie aber keine Option. Sie war gesund, machte Karriere. Nun führt sie ein ganz anderes Leben. „Es ist wie der Wechsel vom Ferrari zum Skoda“, erklärt sie ihre heutige Einstellung. Nachdem sie 2021 den Zuschlag für die Trafik in Penzing erhalten hatte, musste sie zu Beginn dennoch achtgeben, nicht gleich wieder in das Muster eines Workaholics zu verfallen. Inzwischen ist sie aber gut in das Trafikantenwesen hineingewachsen.
Jugendschutz ohne Ausnahme
Schmidt erzählt enthusiastisch: „Man kennt schon die Kunden und kann das Sortiment an sie anpassen.“ Aus den umliegenden Siedlungen kommen die Menschen aus dem Arbeiterkreis und die Älteren, die hier wohnen, zu ihr – aber auch Schülerinnen und Schüler einer berufsbildenden Schule. Daher wird der Jugendschutz bei Schmidt und ihren Kolleginnen besonders großgeschrieben.
Abseits der Trafik unternimmt Schmidt viel mit ihren beiden Enkelkindern. Egal, ob beim Skifahren, im Kindertheater oder einfach nur im Alltag: „Es ist ein Glück, dass ich das alles so erleben darf“, betont die Wienerin. Das gilt auch für ihre Trafik. Dass sie hier Verantwortung übernehmen kann, erfüllt sie – und: „Es macht mir total Spaß.“ Recht gibt ihr das positive Feedback ihrer Kundschaft, die sich gut bei ihr aufgehoben fühlt, und auch das gute Auskommen in der Nachbarschaft. „Wir schauen hier alle ein wenig aufeinander“, erklärt sie. Auch das gehört zum Pflichtbewusstsein als Trafikantin dazu.
Veröffentlichung nur nach Rücksprache.
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